Wiesen und Weiden faszinieren bei einem Abendspaziergang

Dass von Wiesen und Weiden eine besondere Faszination ausgeht, erfuhren die Teilnehmer an einem Abendspaziergang ins Grüne, der auf Einladung des Schwarzwaldvereins Reichenbach stattfand. Dabei hatte ein plötzlich einsetzender heftiger Regenschauer das Vorhaben noch kurz vor dem Abmarsch in Frage gestellt. Und doch fand sich fast ein Dutzend Interessierter ein, die der frühere Leiter des Landwirtschaftsamtes beim Ortenaukreis, Dr. Rainer Moritz, auf eine spannende zweistündige Reise mitnahm – entlang der Wiesen bei der Marienkapelle, aber auch zum Golfplatz.

Moritz, der sich in seiner Doktorarbeit wissenschaftlich mit dem Aufbau, der Entwicklung und dem jahreszeitlichen Leben von Gräsern befasst hatte, zeigte auf, welche Bedeutung dem Grünland zukommt. Es liefert nicht nur Futter für die Tiere wie Pferd, Rind, Schaf und Ziege. Es erfüllt auch wichtige ökologische Aufgaben, so zum Beispiel im Wasser- und Bodenschutz, durch die Gewährung von Lebensraum für viele Insekten, Vögel und Wildtiere.

Nicht zuletzt kommt dem Grünland auch klimarelevante Funktionen zu. So gilt der Wurzelbereich von Gräsern wegen des hohen Humusgehalts als einer der weltweit wichtigsten Kohlenstoffspeicher und als wichtige Sauerstoffquelle. Laut Moritz liefert eine sogenannte Dreischnittwiese pro Hektar die jährliche Sauerstoffmenge für etwa zehn Menschen. 

Wo früher dichte Wälder standen, prägen heute Wiesen und Weiden unsere Kulturlandschaft. „Die Sense ist die Mutter der Wiese“ wies Moritz auf die Bedeutung der Grünlandpflege durch die Landwirte hin. Etwa ein Drittel der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche im Ortenaukreis – rund 20.000 Hektar (200 km²) – sind Grünland.  Je nach Standort und Nutzung dieser Flächen ergeben sich Pflanzenbestände unterschiedlichster Arten, die sich auch in ihrer futterbaulichen und ökologischen Wertigkeit unterscheiden. Moritz nannte die „optischen Überflieger“ im Bereich der Kräuter und kleeartigen Blühpflanzen, aber auch die bestandsbildenden Gräser, denen als eher „unbekannten und stillen Schönheiten“ gleichwohl wichtige pflanzenbauliche Funktionen zukommen.

Entlang des Wegs und mit konkreten Beispielen an Gräsern, die er aus den Wiesen holte, befasste sich Moritz mit deren Bauteilen und wie ihr Stoffwechsel bei Schnitt oder Beweidung funktioniert.  Er ging der Frage nach, warum Grünlandbetriebe mit Tierhaltung insbesondere jüngeres Futter benötigen und was sich hinter den Begriffen „intensive“ und „extensive“ Bewirtschaftung verbirgt. Schließlich verdeutlichte er die Vorgänge in der Pflanze, die ihr das Überwintern ermöglichen ohne zu erfrieren.

Der Wunsch auf eine baldige Fortsetzung dieser naturkundlichen Abendspaziergänge war bei den Teilnehmenden zum Abschluss einhellig. Angedacht sind nun ein Rundgang entlang von Getreidefeldern, aber auch Waldspaziergänge. Bei einem gemeinsamen Umtrunk in der „Linde“ fand die Veranstaltung des Schwarzwaldvereins Reichenbach einen lockeren Abschluss.

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